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Neuigkeiten
20.09.2022, 21:47 Uhr |
Anhörung zu den Seniorenvertretungswahlen 2022
Wortprotokoll vom 1. Sept. 2022




 
Wortprotokoll zur Anhörung zu den Seniorenwahlen 2022
und zum Seniorenmitwirkungsgesetz in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Integration, Arbeit und Soziales am 1. September 2022.

.......Die Anhörung wurde von den Koalitionsfraktionen angemeldet. Zugegen heute bei der Anhö-rung ist auch Herr Link aus der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. – Ganz besonders herzlich möchte ich heute unsere Anzuhörenden begrüßen, als Allererstes Herrn Erwin Bender, Vorsitzender der Landesseniorenvertretung Berlin, Frau Eveline Lämmer, Vorsitzende des Landesseniorenbeirats Berlin, Frau Dr. Johanna Hambach, Vorstandsmitglied bei der Seniorenvertretung Treptow-Köpenick und ehemalige Vorsitzende der Landessenio-renvertretung, und Herrn Peter Stawenow, Vorstandsmitglied des Landesseniorenbeirats. – Ich gehe wie immer davon aus, dass Sie alle damit einverstanden sind, dass wir heute eine Liveübertragung und Tonmitschnitte machen dürfen. Ich gehe auch, Ihr Einverständnis vo-rausgesetzt, davon aus, dass wir wie immer ein Wortprotokoll von dieser Anhörung machen.

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Punkt 3 der Tagesordnung
Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs
Seniorenmitwirkung in Berlin: Ergebnisse und Perspektiven nach den Seniorenwahlen 2022
(auf Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke)
Hierzu: Anhörung
0031
IntArbSoz
Die Anhörung wurde von den Koalitionsfraktionen angemeldet. Zugegen heute bei der Anhö-rung ist auch Herr Link aus der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. – Ganz besonders herzlich möchte ich heute unsere Anzuhörenden begrüßen, als Allererstes Herrn Erwin Bender, Vorsitzender der Landesseniorenvertretung Berlin, Frau Eveline Lämmer, Vorsitzende des Landesseniorenbeirats Berlin, Frau Dr. Johanna Hambach, Vorstandsmitglied bei der Seniorenvertretung Treptow-Köpenick und ehemalige Vorsitzende der Landessenio-renvertretung, und Herrn Peter Stawenow, Vorstandsmitglied des Landesseniorenbeirats. – Ich gehe wie immer davon aus, dass Sie alle damit einverstanden sind, dass wir heute eine Liveübertragung und Tonmitschnitte machen dürfen. Ich gehe auch, Ihr Einverständnis vo-rausgesetzt, davon aus, dass wir wie immer ein Wortprotokoll von dieser Anhörung machen. – Als Nächstes bitte ich zunächst Frau Atli und dann Frau Fuchs um die Begründung des Be-sprechungsbedarfs. – Bitte schön, Frau Atli, Sie haben das Wort!
Sebahat Atli (SPD): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Vorab möchte ich mich bei den Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern in der Senatsverwaltung und den Bezirksverwaltungen bedan-ken, aber auch bei den Ehrenamtlichen, die mit ihrem Engagement zur Durchführung der Se-niorenwahlen beigetragen haben. Ihr Beitrag hat dafür gesorgt, dass sowohl die Vor- und Nachbereitung als auch die Durchführung der Seniorenwahlen erfolgen konnten. Mir ist sehr wohl bewusst, dass Sie alle in Zeiten der Pandemie vor besondere Herausforderungen gestellt wurden; daher bedanke ich mich an dieser Stelle ganz herzlich.
Zu Beginn erlaube ich mir jedoch, einen kurzen Blick in die Vergangenheit zu werfen, denn dieser schärft auch unseren Blick in die Zukunft. Seit 1987 werden in Berlin Seniorenvertre-tungen in den einzelnen Bezirken gewählt. Ziel war und ist es, Seniorinnen und Senioren an der politischen Bildung verstärkt zu beteiligen. Heute haben wir einen Bevölkerungsanteil an Seniorinnen und Senioren von rund 30 Prozent. In Berlin leben fast 1 Million Menschen, die älter sind als 60 Jahre; diese Generation dürfen wir daher auf keinen Fall vergessen. Trotz dieses hohen Anteils an Seniorinnen und Senioren lag die Beteiligung an den Wahlen zu den Seniorenvertretungen in diesem Jahr in Berlin in vielen Bezirken nur bei 8 Prozent, in einigen Bezirken sogar nur bei unter 5 Prozent. Auch die Kandidatenfindung stellte sich teilweise als etwas schwierig dar. Deshalb haben wir hier einen großen Verbesserungsbedarf.
Lassen Sie uns daher gemeinsam überlegen, welche konkreten Maßnahmen wir vornehmen können. Meiner Meinung nach gehört dazu zum Beispiel, dass im Vorfeld barrierefreie Zu-gänge zu den Wahllokalen geschaffen werden, aber auch die Anzahl der Wahllokale muss erhöht werden, und die gute Erreichbarkeit muss auch gewährleistet sein. Die geringe Wahl-beteiligung zeigt mir, dass der Bekanntheitsgrad der Arbeit der Seniorenvertretungen in den Bezirken erheblich verbessert werden muss, und auch: Öffentlich wirksame Kampagnen zu
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den Wahlen dürfen nicht erst kurz vor der Wahl durchgeführt werden. Grundlegendes, wie etwa Aushänge der Kandidatinnen- und Kandidatenlisten, sollte rechtzeitig veröffentlicht werden und auch online zur Verfügung stehen. Das Wahlverfahren muss also an die besonde-ren Bedürfnisse der Seniorinnen und Senioren angepasst werden. Dazu gehört meines Erach-tens, dass die Wahlen der Seniorenvertretung und die Wahlen zum Berliner Abgeordneten-haus zusammengelegt werden, damit diese dann zeitgleich stattfinden können. Die Kandida-tenlisten und auch die Broschüren, die dazu erstellt werden, sollten an alle über 60-jährigen Wahlberechtigten verschickt werden.
Alles in allem zeigen uns die Ergebnisse der Seniorenwahlen, dass wir die Novellierung des Seniorenmitwirkungsgesetzes endlich auf den Weg bringen und die Seniorinnen und Senioren im politischen Diskurs weiterhin stärker unterstützen müssen. – Vielen Dank für die Auf-merksamkeit! Packen wir es an!
Vorsitzende Sandra Brunner: Danke schön, Frau Atli! – Für die weitere Begründung des Besprechungsbedarfs Frau Fuchs, bitte!
Stefanie Fuchs (LINKE): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Vielen Dank auch an die Anzu-hörenden, dass Sie heute zu uns gekommen sind! Als Allererstes möchte ich Ihnen, den neu Gewählten in den entsprechenden Gremien, recht herzlich gratulieren. Ich freue mich sehr auf die hoffentlich weiterhin so gute Zusammenarbeit, denn ich glaube, dabei können wir ge-meinsam viel gewinnen. Ich möchte keine Ziele vorwegnehmen, sondern mir wäre es wichtig, in dieser Anhörung Ihre Ziele, Wünsche und Anregungen mitzunehmen; dass Sie uns deutlich machen, was für Sie wichtig und entscheidend ist, und dass wir gemeinsam einen Diskussi-onspfad aufmachen können, damit wir uns gemeinsam auf den Weg machen, die Seniorinnen und Senioren in dieser Stadt auch weiter in den Fokus zu rücken. – Vielen Dank!
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Frau Fuchs! – Wünscht der Senat eine einlei-tende Stellungnahme? – Frau Staatssekretärin Christoph, bitte!
Staatssekretärin Wenke Christoph (SenIAS): Ich mache es kurz, denn ich glaube auch, heute sollten die Anzuhörenden im Mittelpunkt stehen. Deshalb nur ganz kurz aus Sicht der Senatsverwaltung: Wir haben hier in Berlin im Jahr 2006 mit dem Seniorenmitwirkungsge-setz Geschichte geschrieben, weil es das erste Gesetz in Deutschland zu dieser Thematik war. 2016 fand eine Novellierung aus der Mitte des Parlaments statt. Das ist eine ganz zentrale Grundlage für die politische Mitwirkung und die Interessenvertretung der Generation 60 plus, die sich nicht unbedingt immer Seniorinnen und Senioren nennt – ich glaube, die Thematik haben wir schon in verschiedenen Runden diskutiert –, sondern das ist ja eine ganz aktive Generation bzw. es sind fast mehrere Generationen, die wir hier im Land für die politische Selbstvertretung, für die Vertretung ihrer Interessen und für klare Einbringungsmöglichkeiten in den Bezirken und auf Landesebene gewinnen wollen.
Wir als Senatsverwaltung haben im letzten Jahr eine Evaluation des Berliner Seniorengeset-zes in Auftrag gegeben, die öffentlich verfügbar ist und die unter der Mitwirkung der Senio-rengremien stattgefunden hat.
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Da fanden unter anderem eine ganze Reihe von Interviews, Fokusgruppengesprächen, Gremi-ensitzungen, Onlinebefragungen etc. statt und es gibt eine ganze Reihe von Empfehlungen aus der Evaluation, zum Beispiel zur Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit – Frau Atli hatte das unter anderem schon angesprochen – und zur Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten, aber auch zu ein paar anderen Themen. Ich denke, die Anzuhörenden werden sich möglicherweise damit beschäftigen oder darauf beziehen. Das ist eine sehr gute Grundlage nicht nur als ein erster Aufschlag, sondern auch im Prozess für die Festlegung im Koalitionsvertrag und den Richtli-nien der Regierungspolitik, das Seniorenmitwirkungsgesetz in dieser Wahlperiode anzufassen und zu schauen, wo und wie Verbesserungen notwendig sind und angegangen werden kön-nen. Wir wollen diesen Prozess sehr gern mitgestalten, gemeinsam mit Ihnen und vor allem gemeinsam mit den Seniorenmitwirkungsgremien, denn am Ende geht es vor allem um die Stärkung Ihrer Arbeit und Ihrer Rolle, und das ist uns, glaube ich, allen ein wichtiges gemein-sames Anliegen. – Vielen Dank!
Sandra Brunner (LINKE): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin Christoph! – Wir kommen nun in die Anhörung selbst. Ich hatte vorhin in einem Vorgespräch schon die Gelegenheit, mit Ihnen die Reihenfolge der Anzuhörenden festzulegen. Als Allererstes beginnt Herr Bender für die Landesseniorenvertretung, dann folgt Frau Lämmer für den Landesseniorenbeirat. Es fol-gen dann Herr Stawenow als Vorstandsmitglied des Landesseniorenbeirats und zum Schluss Frau Dr. Johanna Hambach für die Seniorenvertretung Treptow-Köpenick. – Herr Bender, Sie haben das Wort! – Ich bitte alle Anzuhörenden, die Fünf-Minuten-Grenze für Ihren Input nicht zu überschreiten. Ich würde Sie dann höflich unterbrechen, wenn Sie die Zeit zu sehr ausschöpfen. – Bitte schön, Herr Bender!
Erwin Bender (Vorsitzender der Landesseniorenvertretung Berlin): Vielen Dank! – Ich wer-de Sie erst mit ein paar Folien auf das Thema einstimmen, und dann wird es die geballte Kompetenz an meiner Seite ergänzen und vertiefen.
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Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Senatorin Kipping! Sehr Abgeordnete!
Auch wenn ich davon ausgehen kann, dass Sie eine klare Vorstellung von der Seniorenmit-wirkung haben, möchte ich kurz etwas zur Struktur und zur Entwicklung der Seniorenmitwir-kung darlegen, bevor ich dann zu den Ergebnissen der stattgefundenen Wahl und darüber hin-aus etwas zur Evaluierung des Gesetzes sagen möchte.
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Es besteht wohl Einigkeit darüber, dass das Vorbild Österreichs der Impuls für die deutsche Initiative für ein Seniorenmitwirkungsgesetz war. Auch wenn wir noch kein Bundesgesetz aufweisen können, haben zwischenzeitlich vier weitere Bundesländer ein Seniorenmitwir-kungsgesetz.
Die Struktur stellt sich folgendermaßen dar: 17 engagierte Seniorinnen und Senioren bilden die bezirkliche Seniorenvertretung, bringen Lebenserfahrung, bezirkliche Kompetenz und im Idealfall die gewünschte Diversität mit ein. Das Gleiche geschieht in den restlichen elf Bezir-
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ken. Die Vorsitzenden dieser Bezirke bilden die Landesseniorenvertretung. Erweitert um die Kompetenz von 13 Vertreterinnen und Vertretern von Seniorenorganisationen, welche die Gesamtheit der gesellschaftlichen Gruppierungen im Seniorenbereich widerspiegeln sollen, wird das dann zum LSBB.
Neben den zwölf gewählten Seniorenvertretern der Bezirke besteht der LSBB somit aus wei-teren 13 durch die Senatorin Kipping berufenen Vertreterinnen dieser hier gezeigten Organi-sationen.
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Fast 1 Million Menschen der Generation 60 plus leben in Berlin, ganz unterschiedlich in den Bezirken, von 22,7 Prozent im Tempelhof-Schöneberg bis 33 Prozent in Steglitz-Zehlendorf.
Kommen wir zunächst zu den Problemen beim Wahlvorgang. Das geradezu absurd schmale Zeitfenster von 28 Tagen für die Erläuterung des Wahlgeschehens, für das Werben der Kan-didierenden und dafür, die Bewerbungsvorschläge auch fristgerecht einzureichen, brachte in der Vergangenheit echte Probleme. Es gab zu wenig geeignete Kandidierende. Darüber hinaus wurden gesetzliche Vorgaben teilweise nicht umgesetzt. Die gut gemeinten Hinweise der Sen-
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IAS wurden nicht immer befolgt: Beispielsweise wurden in sieben von zwölf Bezirken die vorgesehenen Vorstellungstermine der Kandidatinnen und Kandidaten schlicht nicht durchge-führt.
Die Wahlbeteiligung ging im Vergleich zur Wahl 2017 leicht zurück. Es steht hier die Frage im Raum: Warum beteiligen sich so wenige Seniorinnen und Senioren an den Wahlen? – Ein erster wichtiger Grund ist die Unkenntnis der Wahlberechtigten. Viele der Generation 60 plus wissen bis heute nicht, dass es eine Seniorenvertretung auf Ebene der Bezirke und des Landes
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gibt. Trotz mannigfacher Anstrengungen, die Wahlen bekannt zu machen, haben viele Wahl-berechtigte einfach nichts von der Wahl gewusst.
Nicht wählen zu gehen, ist für die Älteren eher untypisch; sie stellen bei anderen Wahlen re-gelmäßig die Altersgruppe mit der höchsten Wahlbeteiligung. Wenn sie von diesem Vorhaben abweichen, wo es doch um eine Wahl geht, die ihre besonderen Interessen berührt, muss man wohl Unkenntnis über die Wahl sowie über die Aufgaben der Seniorenvertretung vermuten.
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Hier besteht für uns alle deutlicher Handlungsbedarf. Lediglich in Steglitz-Zehlendorf und auf etwas niedrigerem Niveau in Reinickendorf konnte die Wahlbeteiligung erhöht werden.
Überaus bedauerlich ist die Anzahl der Kandidierenden. In zwei Bezirken, Spandau und Mar-zahn-Hellersdorf, ist es nicht gelungen, die erforderliche Anzahl der zu wählenden Seniorin-nen und Senioren innerhalb der vorgesehenen Frist zu benennen.
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Wo geht es nun hin mit der Seniorenmitwirkung? – Zunächst gibt es fünf gute, ausführliche und richtungsweisende Ausarbeitungen zu diesem Thema. Vermutlich haben Sie sich mit der einen oder anderen Ausarbeitung schon beschäftigt. Sollte Ihnen eines der hier aufgeführten Dokumente fehlen, können Sie es gern auf der Seite www.ü60.berlin herunterladen.
Letzte Folie: Beispielhaft möchte ich noch drei Punkte, die einer Konkretisierung bedürfen, benennen. Um wirklich die Stimme der Generation 60 plus sein zu können, muss sie auch gehört werden können, und das geht nur, wenn es ein verbindliches Rede- und Antragsrecht
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zumindest in den Ausschüssen der BVV, besser noch in der BVV selbst, gibt. Um sachlich und effektiv im Sinne der Senioren arbeiten zu können, braucht es einen einheitlichen Min-deststandard. Ehrenamt ist immer mit Aufwand verbunden; mit zeitlichem, aber auch mit fi-nanziellem Aufwand. Daher sollte eine Aufwandsentschädigung für die Interessenvertretung der Generation 60 plus eigentlich selbstverständlich sein. Niemand sollte ausgegrenzt sein, der sich dieses Ehrenamt schlicht finanziell nicht leisten kann.
Vorsitzende Sandra Brunner: Herr Bender! Kommen Sie bitte zum Schluss?
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Erwin Bender (Vorsitzender der Landesseniorenvertretung Berlin): Ich bin beim Schluss. Sollten Sie Fragen zu dieser Präsentation selbst haben, gerne, ansonsten vielleicht nach den Vorträgen meiner Kolleginnen und Kollegen. – Vielen Dank!
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Herr Bender! – Dann hat nun Frau Lämmer vom Landesseniorenbeirat das Wort. – Bitte schön!
Eveline Lämmer (Vorsitzende des Landesseniorenbeirats Berlin): Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Senatorin Kipping! Herr Bender hat schon auf den Landesseniorenbeirat Bezug genommen. Als Landesseniorenbeirat sind wir in seniorenpolitischen Fragen beratend für Sie, für das Abgeordnetenhaus, und für den Senat von Berlin tätig. Wir sind als Gremium neu konstituiert und arbeitsfähig. Dazu haben wir auf unserem ersten Plenum vor wenigen Tagen Arbeitsschwerpunkte beschlossen. Um nur einige zu nennen: Wir wollen uns auf ältere Menschen im Zusammenhang mit Digitalisierung konzentrieren sowie auf die Umsetzung und Weiterentwicklung der Berliner Leitlinien der Seniorenpolitik und des Maßnahmenkatalogs. Wir wollen die Novellierung des Seniorenmitwirkungsgesetzes voranbringen, die Mobilität als Voraussetzung für Teilhabe stärken und das Wohnen im Alter in einer wachsenden Stadt thematisieren, in der Platz und Raum für ältere Menschen erforderlich ist. Natürlich stehen Pflege und Gesundheit im Alter und die Umsetzung der Strategie 80plus mit in unseren Schwerpunkten, und – ganz sicher schon bekannt – wir wollen den § 71 SGB XII – Pflicht statt Freiwilligkeit – in einem Altershilfestrukturgesetz für Berlin umsetzen. Neu haben wir einen Schwerpunkt aufgenommen, der sich auf die Altersarmut und die Einsamkeit im Alter bezieht, damit ältere hilfebedürftige Menschen mehr Unterstützung erhalten.
Zu diesen Arbeitsschwerpunkten gibt es jeweils Fachsprecherinnen, die wir benannt haben, und die werden jetzt in ihren Arbeitsgruppen die Arbeit aufnehmen. Von Vorteil ist, dass in den Arbeitsgruppen auch interessierte Bürgerinnen Berlins mitarbeiten können. Auch wenn sie nicht Mitglied im LSBB sind, ist die Mitarbeit in den Arbeitsgruppen sehr gewünscht und sehr gewollt.
Wir sind sehr froh darüber gewesen, als wir gelesen haben, dass unsere sämtlichen Forderun-gen, die wir als Seniorenmitwirkungsgremien vor den Wahlen aufgemacht haben, sich in der Koalitionsvereinbarung und in der Regierungserklärung wiedergefunden haben. Es hat uns sehr viel Mut gemacht und auch Kraft gegeben, dass wir diese Unterstützung erhalten.
Viele Jahre haben wir uns auch mit dem Seniorenmitwirkungsgesetz beschäftigt, und das ist ja im vergangenen Jahr im Auftrag der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales evaluiert worden. Unsere wichtigste Erkenntnis ist die Schlussfolgerung, dass wir mit Ab-schluss der Novellierung ein Seniorengremium auf Landesebene befürworten. In ihm ver-schmelzen die Landesseniorenvertretung und der Landesseniorenbeirat zum Landessenioren-rat Berlin. Auch hier geht Berlin einen eigenen Weg. Das neue Gremium sollte aus den Vor-sitzenden der bezirklichen Vertretungen und aus Vertreterinnen und Vertretern von Senioren-organisationen mit je zwölf Personen bestehen.
Mit der Novellierung sind natürlich zahlreiche neue Regelungen erforderlich. Wir sind der Auffassung, dass die neuen Regeln, die dann auf Bezirksebene gelten, natürlich grundsätzlich auch auf der Landesebene gelten sollten, zum Beispiel das Rederecht in Ausschüssen der BVV, das die Bezirke zur Zeit sehr unterschiedlich ermöglichen bis hin zur grundsätzlichen
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Ablehnung in Steglitz-Zehlendorf. Der Bezirk beruft sich dabei auf das Bezirksverwaltungs-gesetz. Der Bericht von Ramboll spart die Vorschläge zum Rechtsstatus der Gremien als ju-ristische Personen aus. Es ist aber eine Tatsache, dass die Seniorenvertretungen und der LSBB Personenvereinigungen ohne Rechtspersönlichkeit sind.
Die Interessenvertretung der Senioren in dieser Stadt wird uns als ehrenamtlich Tätige viel abverlangen. Wir, die Mitglieder der Seniorenmitwirkungsgremien, wollen uns besonders angesichts der Herausforderungen in den nächsten Jahren – es ist heute ja mehrfach betont worden – dieser Aufgabe noch wirksamer stellen. Wir haben seit Bestehen der gemeinsamen Geschäftsstelle konstruktiv und koordiniert mit der Senatsverwaltung zusammengearbeitet, und, ich möchte betonen: bei Beibehaltung unserer Unabhängigkeit. Die Novellierung sollte nun aber ermöglichen, dass wir eigenverantwortlich über ein zweckgebundenes Sachmittel-budget verfügen können, das wir selber bewirtschaften. Nur so können wir viel flexibler auf die Altersprobleme reagieren, und jetzt ist Flexibilität angesagt.
Vorsitzende Sandra Brunner: Frau Lämmer! Kommen Sie bitte zum Schluss?
Eveline Lämmer (Vorsitzende des Landesseniorenbeirats Berlin): Ein letzter Satz: Wir emp-fehlen dem Abgeordnetenhaus und dem Senat, das novellierte Seniorenmitwirkungsgesetz in dieser Wahlperiode, möglichst nicht erst vor Ablauf, zu beschließen. Sie haben unsere Unter-stützung.
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Frau Lämmer! – Nun hat das Wort Herr Sta-wenow. – Bitte schön!
Peter Stawenow (Vorstandsmitglied des Landesseniorenbeirats Berlin): Danke schön! – Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Überlegungen zu drei Schwerpunkten. Ehe wir in die Details kommen, sollten wir noch mal den Blick auf den Gesamtzusammen-hang richten. – Die drei Schwerpunkte sind, erstens: Warum und wofür haben wir ein Senio-renmitwirkungsgesetz in Berlin? –, der zweite ist: Was hat sich bewährt? –, und der dritte: Was müsste sich verändern und was müsste verbessert werden?
Gedanken zum ersten Schwerpunkt sind: Das Bedürfnis der älteren Menschen mitzureden, mitzuwirken, mitzubestimmen war schon immer da und wird auch immer dableiben. Wenn man sich in die Geschichte zurückdenkt, gab es ja auch Indianerdorfältestenräte, und das Er-fahrungswissen der älteren Menschen hat immer dazu beigetragen, einen immer höheren und besseren Wissensstand zu erreichen. Es war also schon immer so, und es wird auch immer so bleiben. Das Erfahrungswissen der älteren Menschen ist natürlich keine Einbahnstraße, denn das Beraten muss man selber tun, aber auch annehmen können. Das war ein Ausgangspunkt, an dem die Berliner in den Achtziger-, Neunzigerjahren gesagt haben: Wir wollen mitmi-schen. Wir wollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben und mitbestimmen. – Dazu wird Frau Dr. Hambach noch etwas sagen.
Dazu haben wir ein Seniorenmitwirkungsgesetz, um mitzubestimmen und mitzureden. Wofür haben wir das auch noch? – Weil in diesem Gesetz die Regeln und die Verfahrensweisen be-stimmt sind, wie diese Mitbestimmung und Mitwirkung vor sich gehen kann. Das hatten wir als erstes Bundesland, wie bereits bemerkt worden ist. Wir haben uns damit also ein Werk-
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zeug geschaffen, ein Instrument der Mitwirkung, und das Werkzeug gilt es schärfer zu ma-chen, zu verbessern.
Aber was nützt uns ein Werkzeug, wenn man auch sagen muss: Wofür brauchen wir denn das Werkzeug? Was wollen wir denn damit bearbeiten? –, und das sind in der Historie die Leitli-nien der Seniorenpolitik gewesen. Ganz am Anfang waren das zwei Seiten, worin Gesund-heits- und soziale Aspekte im Mittelpunkt standen. Dann waren es mal 17 Leitlinien, weil man aufgrund unserer Beratung mitbekommen hat, dass es ressortübergreifende Themen gibt, die ältere Menschen bewegen, so wie es Frau Lämmer in unseren Überlegungen angebracht hat. Und es gibt eine Weiterentwicklung, einen sehr großen Anteil daran hat die Senatsver-waltung: Das sind die jetzt gültigen Leitlinien, die vom Senat beschlossen worden sind. Das sind vier Handlungsfelder und über 60 konkrete Themen und Maßnahmen, aber auch die las-sen sich weiterentwickeln und sollten auch hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit und Terminab-sprachen realisiert werden.
Zum Zweiten: Was hat sich bewährt? – Es hat sich erstens das Flächenprinzip bewährt, dass alle zwölf Bezirke mitwirken, mitbestimmen können. Wer will sich denn anmaßen und sagen: Der Bezirk oder der Bezirk darf nicht mitbestimmen, mitwirken? –, also alle zwölf Bezirke. Das setzt voraus, dass auch alle zwölf Bezirke eine einheitliche Ausgangsvoraussetzung ha-ben, um mitzuwirken; das, was Herr Bender und Frau Lämmer bereits aufgezeigt haben.
Das Zweite, das sich bewährt hat, ist die Fachlichkeit; welche Themen besetzt werden, und dazu die Organisationen und das Wissen aus allen Bereichen mit einzubeziehen, die entspre-chenden Strukturen, die Organisationen und Verbände haben, und das Potenzial der Veranke-rung in der Stadt. Bewährt hat sich auch, die Vielfalt der älteren Menschen mit einzubeziehen: Männer, Frauen, Ost, West, neu Zugezogene unterschiedlicher Herkunft und Weltanschau-ung. Diese Vielfalt, die sich in der Berliner Gesellschaft widerspiegelt, sollte wirklich ver-sucht werden, in den Seniorenmitwirkungsgremien abzubilden. Dass das nicht immer so ein-fach ist und nicht einfach mit Quotenpersonen zu erledigen ist, haben wir bei der Kandidaten-aufstellung für die letzte Wahl gemerkt.
Vorsitzende Sandra Brunner: Herr Stawenow! Kommen Sie bitte zum Schluss?
Peter Stawenow (Vorstandsmitglied des Landesseniorenbeirats Berlin): Ja! – Und es hat sich bewährt, dass unser Auswahlverfahren so demokratisch wie möglich passiert. Zur Sicherung der Wahlen gibt es ja diese Berufungsebenen bei den bezirklichen Seniorenvertretungen durch die Bezirksstadträte und das Berufungsverfahren bei den Organisationen durch die Senatorin als eine zusätzliche Sicherung, um dann mitzubestimmen.
Letzte Bemerkung: Egal, ob es ein oder zwei Gremien sind, die die Seniorenmitwirkung auf Landesebene widerspiegeln, die Aufgaben bleiben dieselben. – Danke für die Aufmerksam-keit! Ich bin gern bereit, noch Fragen zu beantworten, um den dritten Punkt – Was müsste sich verändern? – zu beantworten. – Danke!
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Herr Stawenow! Dazu kommen wir bestimmt gleich noch in der Fragerunde. – Jetzt hat das Wort Frau Dr. Hambach für die Seniorenvertre-tung Treptow-Köpenick. – Bitte schön, Frau Dr. Hambach!
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Dr. Johanna Hambach (ehemalige Vorsitzende der Landesseniorenvertretung und Vor-standsmitglied bei der Seniorenvertretung Treptow-Köpenick): Sehr geehrte Damen und Her-ren! Ich bin hier als eine von den in der Hierarchie vor Ort Lebenden und Kämpfenden, näm-lich der bezirklichen Seniorenvertretung. In den Bezirken und vor Ort spielt sich das Leben der Seniorinnen und Senioren ab. – Das als Einstieg.
Zweitens: Nun habe ich schon einige Jahre Seniorenvertretungsarbeit gemacht, und deswegen ist in meinem Kopf sehr viel enthalten, was man dazu sagen sollte, könnte, müsste. In der Einladung steht: „Ergebnisse und Perspektiven nach den Seniorenwahlen“, und da habe ich mir gedacht: Na gut, dann fange ich mal mit den Bezirken an, wie sich das da entwickelt hat –, und da möchte ich darauf hinweisen: 2006, dem Geburtsjahr unseres Gesetzes, von dem gerade des Öfteren die Rede war, hatten wir in Treptow-Köpenick eine Wahlbeteiligung von 0,35 Prozent hatten, aber damals war auch schon der Anteil der älteren Bevölkerung, der Ü 60, ungefähr 30 Prozent. 2011 hatten wir eine Wahlbeteiligung von 1,11 Prozent, 2017 ka-men wir auf eine wunderschön hohe Wahlbeteiligung von 7,5 Prozent, aber 2022 hatten wir dann einen Einbruch, nämlich nur noch 5,6 Prozent. Diese Zahlen muss man sich mal ein bisschen auf der Zunge zergehen lassen, um wirklich zu überlegen: Was geschieht denn da-nach, wenn diese Wahlen waren? – Es sind dann immer Seniorenvertretungen entstanden, wie auch immer, aber es gibt auch unterschiedliche Reflexionen in den Bezirk hinein. Ich will jetzt nur mal 2022 herausgreifen. Da haben wir zwar eine geringere Wahlbeteiligung, aber wir hatten 45 Kandidatenvorschläge und am Ende 32 Kandidaturen. Das ist eine ganze Menge, und das wirkt auch in die ältere Bevölkerung hinein. Das sollte man nicht vergessen.
Ich möchte noch auf etwas anderes hinweisen, nämlich auf die Ursachen, warum die Wahlbe-teiligung eingebrochen ist. Da gibt es vieles; na klar, die Pandemie usw. usf. Natürlich ist das richtig, Herr Bender hatte es erwähnt. Wir hatten in unserem Bezirk keine Möglichkeit, Prä-senzveranstaltungen durchzuführen, wo die Bürger und Bürgerinnen hinkommen und sich die 32 Kandidaten vorstellen konnten. Es fehlte einfach der riesengroße Saal. Schon 32 Kandida-ten in einem Saal unterzubringen, ist eine ganze Menge, und dann noch 100, 200 oder wie viel mehr – – Den hatten wir nicht, den hat keiner bei uns. Doch, es gibt so einen Saal, näm-lich auf dem WISTA-Gelände, aber dieser Saal ist sauteuer, und keiner hat uns das Geld rübergereicht, dass wir dort so etwas machen können. Wir hatten es versucht, aber – na ja. Das geht eben nicht so einfach.
Eine zweite Sache, die ich anführen möchte, warum wir bei der Wahlbeteiligung so einen Einbruch hatten: Das hängt auch mit dem Berliner ITDZ zusammen. Sie haben ja selber Ihre Erfahrungen mit dieser Einrichtung gemacht, und auch wir haben die Erfahrung gemacht, dass einiges nicht besonders sorgfältig funktionierte. Zum Beispiel gab es von uns 4 500 An-träge auf Briefwahl, aber nur 3 254 haben rechtzeitig Unterlagen bekommen, um tatsächlich wählen zu können. Danach wollten noch einige wählen, aber das geht ja nicht, Termin ist Termin. Daran kann man nichts ändern.
Außerdem kommt dazu: Im Amt haben sich massenweise Briefe angesammelt, wo drauf-stand: „Nicht zustellbar“, warum auch immer; das sei mal dahingestellt. Eines muss man auch dazusagen: Es gab es bei diesen Wahlen auch, wie bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus, dass falsche Kandidatenlisten verschickt wurden. Auch das gab es. Das spielt also alles eine Rolle, wenn wir von 7,5 Prozent auf 5,6 Prozent runtergerutscht sind.
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Ich möchte noch etwas sagen: Schon 2017 hatten wir wie 2022 das Phänomen, dass viele er-schrocken sind, dass sie plötzlich als Senior oder Seniorin angesprochen wurden, und die Wahlunterlagen glattweg ignoriert haben. Viele Papierkörbe sind wahrscheinlich übergequol-len, aber das spielt auch eine Rolle. Es gab sogar eine weitere Sache.
Vorsitzende Sandra Brunner: Frau Dr. Hambach! Kommen Sie bitte zum Schluss?
Dr. Johanna Hambach (ehemalige Vorsitzende der Landesseniorenvertretung und Vor-standsmitglied bei der Seniorenvertretung Treptow-Köpenick): Ich weiß zum Beispiel aus dem Gebiet, wo Schneewittchen usw. zu Hause sind, dem Märchenwald, dass bei Ehepartnern einer die Wahlunterlagen bekommen hat, der andere nicht, der eine Nachbar hat sie bekom-men und der andere nicht. Auch das gibt es.
Ich will jetzt zum Ende kommen. Es gibt noch weitere Sachen, die uns bewegen, die da schiefgelaufen sind, aber wenn es um Perspektiven geht, geht es tatsächlich um das Senio-renmitwirkungsgesetz und die Novellierung dieses Gesetzes. Dazu haben schon einige etwas gesagt. Ich möchte nur darauf hinweisen: Den Kampf um das Seniorenmitwirkungsgesetz haben vor allem Käte Tresenreuter und Inge Frohnert vor 2006 geführt. Das sollten wir nicht vergessen.
Vorsitzende Sandra Brunner: Frau Dr. Hambach! Kommen Sie bitte zum Schluss?
Dr. Johanna Hambach (ehemalige Vorsitzende der Landesseniorenvertretung und Vor-standsmitglied bei der Seniorenvertretung Treptow-Köpenick): Ja, ich komme zum Ende. – Ich sage jetzt einfach: Haben Sie den Mut! Machen Sie es so wie wir in Treptow-Köpenick. Wir bewegen uns und andere. Also bitte: Bewegen Sie sich als Abgeordnete und machen ei-nen Entwurf für das Seniorenmitwirkungsgesetz bis zum 30. Juni 2023. Wir sind dabei.
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Frau Dr. Hambach! – Jetzt kommt Bewegung in die Nachfragerunde. – Als Erstes hat das Wort Herr Bauschke für die Fraktion der FDP.
Tobias Bauschke (FDP): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Vielen Dank an die Anzuhören-den! Vielleicht mal ganz grundsätzlich vorweggeschickt: Das Engagement, das Sie leisten, leisten Sie ja nicht für sich selbst, sondern eigentlich für alle für uns hier, denn wir kommen irgendwann alle mal in das Alter, wo es genau um die Fragen der Mitwirkung geht, und das ist das, was wir hier festhalten müssen. Deswegen sind Sie sozusagen die Vorreiter, auch wenn ich dieses Jahr selbst bei meiner Mutter schwer erfahren musste, wie es ist, wenn man gerade mal 60 geworden ist und dann das erste Mal die Unterlagen zur Seniorenvertretungs-wahl bekommt. Das war ein bisschen ein Schock, aber vielleicht ist ja 60 auch das neue 30. Wenn ich mir anschaue, wie die Alterspyramide mittlerweile verläuft, können wir das durch-aus sagen.
Was uns extrem wichtig ist: Wir sind gerade ein bisschen in einer Henne-Ei-Diskussion. Wenn wir uns einerseits die Seniorenwahlen anschauen, die wir hatten, mit all den Mängeln und all den Schwierigkeiten, die wir flächendeckend hatten – es gab dazu ja auch einige Schriftliche Anfragen –, und gleichzeitig den zu Recht geäußerten Anspruch, dass wir bei der Mitwirkung besser werden müssen, müssen wir uns zweigleisig anschauen, wie wir an die ganze Sache herangehen.
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Zum Thema Wahlpannen: Ich bin auch schockiert. Deswegen auch eine Frage in Richtung Senatsverwaltung: Ich weiß nicht, ob es in dem Fall richtig adressiert ist, aber mich würden auch die Rückläufer durch falsche Meldedaten interessieren, denn da gibt es zumindest für mich gefühlt keine wirkliche Zahl in den Bezirken. Wenn es zum Teil schon an den Meldeda-ten scheitert, dann haben wir ein grundsätzliches Problem, die Leute zu erreichen, weil wir darüber natürlich die Werbung, die Einladungen und die Öffentlichkeitsarbeit in gewisser Weise machen müssen, und es ist wichtig, dass wir eine Legitimation der Wahlen haben.
Ein Punkt, an dem ich ein bisschen kritisch bin, wenn wir bei der Seniorenmitwirkung sind, ist das Antragsrecht, muss ich gestehen, in den BVVen und in den Ausschüssen. Beim Rede-recht sehe ich generell weniger Schwierigkeiten. Das Antragsrecht ist schon immer eine Ur-form der jeweiligen parlamentarischen Einheit. Bei allem Verständnis dafür, dass da Bewe-gung reinkommen muss, würde ich dafür werben, dass wir deswegen gewählte Strukturen haben, über die wir uns unterhalten müssen. Schwieriger finde ich hingegen das ganze Thema Mindestausstattung, Aufwandsentschädigung. Da haben wir eine ganz unterschiedliche Land-schaft in Berlin verstreut. Wenn ich an die bezirkliche Seniorenvertretung denke, dann haben wir dort wirklich große Schwierigkeiten. Treptow-Köpenick geht da zum Teil sehr vorbildhaft vor. Wenn ich an Steglitz-Zehlendorf denke, haben wir dort definitiv noch erheblichen Ver-besserungsbedarf. Das ist etwas, was wir alle mitnehmen müssen, auch in unsere Bezirke, um dort für mehr Verständnis zu werben.
Das Thema Verschmelzung begrüße ich. Für mich gibt es noch einen Punkt, den ich gern als Frage in den Raum stellen würde: Mir ist das Thema Diversität bei den Kandidierenden auf-gefallen. Berlin ist eine bunte, vielfältige Stadt. Die Frage ist sowohl an die Senatsverwaltung gerichtet als auch vielleicht an die Experten: Wie sind da Ihre Ansätze, oder wo sehen Sie Möglichkeiten, dass wir uns da noch diverser aufstellen können, und was wäre Ihr Wunsch, wie wir das Thema noch viel mehr ins Bewusstsein der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger bringen, damit sie wissen: Wir haben eine Möglichkeit, zur Mitbestimmung und Selbstver-waltung unsere Vertretung zu wählen –? Denn ich glaube, das ist der Knackpunkt. – Noch mal vielen Dank für die spannenden Ausführungen!
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Herr Bauschke! – Es hat jetzt das Wort Herr Düsterhöft für die Fraktion der SPD.
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Lars Düsterhöft (SPD): Haben Sie vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich möchte keine Aus-führungen machen, sondern gleich insgesamt sechs Fragen stellen. – Herr Bender! Zwei Fra-gen an Sie: Sie haben ausgeführt, dass es in zwei Bezirken nicht funktioniert hat, 17 Kandi-dierende zu finden; in Treptow-Köpenick lief das anscheinend deutlich besser. Ich würde noch mal nach den Gründen fragen wollen. Wie schätzen Sie das ein? Was sind die Gründe? Warum findet man nicht genügend Kandidierende? Selbst 17 reichen ja nicht aus; man braucht eigentlich mindestens das Doppelte, um eine Auswahl zu haben. Der Anspruch liegt also deutlich über den 17. Vielleicht können Sie noch etwas dazu sagen, wo Sie die Knack-punkte sehen; was man verbessern müsste.
Zweitens, zum Rede- und Antragsrecht in der BVV. Wie sehen Sie denn diese Forderung im Spannungsverhältnis zu anderen Gruppen – wir haben in manchen Bezirken Jugendparlamen-te, wir haben Beiräte für Menschen mit Behinderung – und ganz besonders im Spannungsver-hältnis zu den BVV-Fraktionen, welche auch ein Rede- und Antragsrecht in den BVVen ha-ben. Mich würde interessieren, wie Sie diese Forderung im Spannungsverhältnis zu diesen anderen Aspekten und Gruppen sehen.
Frau Lämmer! Sie deuteten eben in einem Halbsatz an – und da möchte ich noch mal nach-fragen – dass Sie sich wünschen würden, dass das Antrags- und Rederecht, das in den Bezir-ken gefordert wird, genauso auf Landesebene gelten würde. Vielleicht können Sie erläutern, wie Sie das meinten. Das war ein Halbsatz, vielleicht habe ich den aber nur missverstanden.
Herr Stawenow! Auch an Sie eine Frage, wenn Sie gestatten: Die Definition eines Seniors, einer Seniorin ist ja festgelegt. Mit 60 Jahren geht es los, dann ist man in dieser Altersklasse. Ich kenne das von den Jusos, da fliegt man mit 35 plötzlich raus. Das ist eine sehr harte Defi-nition. – [Heiterkeit] – Inwiefern glauben Sie, dass diese Definition von 60 Jahren überhaupt noch zeitgemäß ist? Diese Definition ist viele Jahrzehnte alt, und unsere Gesellschaft hat ja doch einen ganz erheblichen Wandel gemacht, nicht nur, dass die Menschen älter werden, sondern dass wir uns alle jünger fühlen und jünger benehmen. – [Zuruf: 60 ist das neue 40!] – 60 ist das neue 40, so ungefähr, und ich als 40-Jähriger benehme mich vielleicht eher wie ein 25-Jähriger; das ist jedenfalls die Hoffnung. – Sie haben die Frage verstanden, ob es nicht sinnvoll wäre, auch über diese Definition nachzudenken. Ist es sinnvoll, das Alter hochzuset-zen auf 65 oder 67 in Bezug auf das Renteneintrittsalter? Ist das eine Diskussion, die wir füh-ren sollten, oder wie sehen Sie das?
Frau Dr. Hambach! Sie haben ausgeführt, wie schwer es war, die Kandidatinnen vorzustellen; eine absolut problematische Situation, gar keine Frage. Ich möchte gern fragen, welche Wege denn noch genutzt wurden, um die Kandidierenden bekannt zu machen. Gab es Infostände? Gibt es einen gemeinsamen Flyer von allen, wo jeder der 35 Kandidierenden in Treptow-Köpenick gesagt hat: Okay, ich verteile diesen Flyer in meinem Umfeld. Ich stelle mich mal auf die Straße vor dem Supermarkt und drücke jedem, der nach der entsprechenden Alters-klasse aussieht, einen Flyer in die Hand und spreche ihn an –? Ich denke ein bisschen an unse-re eigenen Wahlkämpfe. Würden wir uns darauf verlassen, dass wir uns einen Raum mieten und sagen: Hier bin ich. Kommt bitte zu mir! –, dann würden wir genau solche Wahlbeteili-gungswerte haben, die tendenziell eine Katastrophe wären.
Als Letztes noch die Frage, Sie haben es selbst angesprochen: Wie bewerten Sie diesen Be-griff Senior, Seniorin? Ist das eine Frage, über die wir auch diskutieren sollten? Fühlt man
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sich davon wirklich angesprochen, oder ist das so abstoßend für viele, dass sie sagen: Ent-schuldigen Sie mal! Ich bin Anfang 60, ich habe damit überhaupt nichts zu tun. Das ist nichts, was mit meiner Lebensrealität zu tun hat –? Gibt es dazu Überlegungen Ihrerseits, das anders zu definieren, anders zu formulieren? – Danke!
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Herr Düsterhöft! – Jetzt ist gefühlt Herr Özde-mir dran für die Fraktion der SPD und danach vermutlich Frau Ü 35 für die Linksfraktion, Frau Fuchs. – Bitte schön!
Orkan Özdemir (SPD): Warum bin ich gefühlt dran? Ich bin dran. – Gesellschaftlicher Wandel ist ein gutes Stichwort. Ich möchte mich beim Kollegen Bauschke bedanken, dass er das angesprochen hat, das freut mich wirklich sehr. Wir müssen uns vor Augen halten, dass in den Seniorenkohorten mittlerweile knapp 20 Prozent Menschen mit dem sogenannten Migra-tionshintergrund sind. Gerade in diese Kohorten fallen die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, denen wir natürlich viel zu verdanken haben und wo ich denke, dass das ein besonderer Grund ist, Teilhabe zu gewähren. Teilhabe wird in Ihren Vorträgen oft als Begrifflichkeit ge-nutzt, aber immer im Kontext von Mobilität – das bejahen wir auch alle –, aber Teilhabe ist eben ein bisschen mehr. Wenn wir dann noch schauen, dass diese knapp 20 Prozent berlinweit gerechnet sind und wir in einzelnen Bezirken viel höhere Prozentsätze haben, dann kann ich nur sagen, dass wir gewisse Gruppen in diesem Diskurs, wenn es um Interessenvertretung geht, ausschließen. Ich selber komme aus Tempelhof-Schöneberg, war dort zehn Jahre in der BVV und habe mich mit dem dortigen Seniorenbeirat beschäftigt und dieses Thema immer wieder aufgemacht, bin da aber auch oft gegen die Wand gelaufen.
Was bedeutet das konkret? – Es geht ja nicht nur darum, wie Sie gesagt haben, irgendeinen Quotenmigranten dort reinzusetzen, sondern es geht eben auch darum, Interessen unterschied-licher Gruppen – es geht nicht nur um Migranten, sondern beispielsweise auch um queere Seniorinnen und Senioren – zu artikulieren und zu fordern. Ein Stichwort wäre beispielsweise kultursensible Pflege. Da ist meine Frage an Sie: Sie haben das zwar nebenbei mal angespro-chen; man kann es natürlich ansprechen und als einen frommen Wunsch in den Raum werfen. Mir wäre wichtig: Was tun Sie ganz konkret, um das zu verwirklichen? Wenn ich beispiel-weise in den Bezirken den Aufruf zur Wahl sehe: Die sind immer auf Deutsch. Das ist nur ein Punkt, wo man mal andocken könnte. Wenn ich zu Huzur gehe – das ist in Tempelhof-Schöneberg die Seniorenstätte, wo die ganzen migrantischen Seniorinnen und Senioren sind –: Dort lässt sich von diesen Gremien eigentlich kaum jemand sehen, und das finde ich echt problematisch, wenn es um Demokratie geht, denn Demokratie wurde jetzt auch schon öfter genannt. Demokratie bedeutet auch Teilhabe, gehört und gesehen werden, und da haben wir ein großes Defizit in einer Stadt wie Berlin.
Vorsitzende Sandra Brunner: Danke, Herr Özdemir! – Es hat jetzt das Wort Frau Fuchs für die Linksfraktion.
Stefanie Fuchs (LINKE): Vielen Dank, und ich bedanke mich für das Ü 35! Das hat gutge-tan. – Ich möchte grundsätzlich etwas vornewegstellen, das, glaube ich, in dieser Diskussion streckenweise vergessen wird: Alle Herrschaften, die heute hier bei dieser Anhörung sind, und alle Herrschaften, die gewählt worden sind, in welche Gremien der Seniorenvertretung auch immer, sind ehrenamtlich, und zwar durch die Bank. Deshalb finde ich dieses: Was ma-chen Sie persönlich? – persönlich ein bisschen schwierig. Ich darf die Arbeit der entsprechen-
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den Gremien jetzt schon sechs Jahre begleiten. Da wird unfassbar viel gemacht. Deshalb bin ich auch bei der Frage nach den Infoständen ein bisschen zusammengezuckt. Ja, auch bei uns auf den Parteiebenen ist vieles ehrenamtlich, aber ich glaube, was die Mitglieder der Senio-rengremien alles machen – alles in der Altersrange Ü 60 – ist eine Menge, und ich finde da so einen Infostand vielleicht – – Ja, es ist natürlich wichtig, sich bekannt zu machen, aber ich glaube, dass da auch viel getan wird.
Was die Diversität angeht, da knüpft meine erste Frage an Sie, Herr Bender, an, nämlich: Was können wir machen, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen? Wir haben ja in der letzten Legisla-turperiode in den vorletzten Doppelhaushalt ordentlich Geld eingestellt, um zum Beispiel mehrsprachige Broschüren rauszugeben und die überall verteilen zu lassen. Das war, glaube ich, ein wichtiger und richtiger Schritt. Inwieweit hat er sich ausgezahlt, und wenn er sich nicht ausgezahlt hat, was müssen wir anders machen? Welchen Weg müssen wir gehen, wenn es diese Broschüre gegebenenfalls nicht ist, was durchaus sein kann? Was müssen wir tun?
Die Frage der Digitalisierung ist ganz zu Anfang kurz angesprochen worden. Sie kennen mich alle schon einen Moment und wissen, dass ich eher Verfechterin davon bin, dass zweispurig gefahren werden muss, auf der einen Seite digital, auf der anderen Seite aber durchaus analog. Was kann man da, zum Beispiel in Bezug auf die Erhöhung der Wahlbeteiligung, tun? Gibt es da irgendwelche Ideen und Vorstellungen?
Frau Lämmer! Sie hatten angedeutet oder angesprochen, dass Sie gern die beiden Gremien zusammenführen wollen. Mir ist klar, warum. Ich würde Sie trotzdem bitten – ich habe jetzt versucht, es anzudeuten –, noch mal ein bisschen genauer darzustellen, was das Problem mit diesen zwei Gremien ist, gerade was den Zeitaufwand von ehrenamtlicher Arbeit usw. angeht. Sie haben nicht zu Unrecht gesagt, dass Pflege und Gesundheit durchaus wichtige Themen sind. Mich würde sehr interessieren, wie die Zusammenarbeit mit der dafür zuständigen Se-natsverwaltung ist, inwieweit Sie Kontakt haben und welchen Austausch es gibt.
Herr Stawenow! Erstens frage ich jetzt ganz konkret nach Ihrem dritten Punkt, dann können Sie den gleich sagen, dann haben wir es drin. Zweitens: Es steht jetzt mal wieder die Berliner Seniorenwoche an. Dort gibt es eine Veranstaltung zur Weiterentwicklung der Leitlinien der Seniorenpolitik, wozu ich gleich sagen kann: Wir Fachabgeordneten haben alle die Einladung bekommen; es ist leider der Termin des Ausschusses, was extrem schade ist, weil wir natür-lich gern dabei sein würden. Wir müssen mal sehen, inwieweit wir das geregelt bekommen, dass vielleicht doch der eine oder andere von uns teilnehmen kann. Vielleicht können Sie aber im Vorgriff schon mal einen Hinweis geben, was für Sie entscheidend ist, inwieweit es da Fortentwicklungen geben soll.
Frau Dr. Hambach! Ich freue mich sehr, dass Sie unseren Bezirk so gelobt haben. Aber ohne Jux und Tollerei die Frage: Wie hat es Treptow-Köpenick denn angestellt, so viele Kandidie-rende zu finden? Es gibt Bezirke, in denen es ganz schlecht läuft – Herr Bender hat es ge- sagt –, und bei uns lief es ja tatsächlich ein wenig besser.
Ich muss leider noch mal auf Herrn Düsterhöft eingehen: Ich bin keine Freundin der Idee, das Alter hochzusetzen. Ich bin auch keine Freundin davon, das Renteneintrittsalter hochzusetzen. Ich habe eher die Frage, denn ich habe ähnliche Erfahrungen mit meinem Vater, was dieses Seniorenwahlding angeht – „Senior“, da wird gleich komisch geguckt. Machen wir es doch
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mal ein bisschen kreativ, es muss ja nicht alles sofort beantwortet werden: Inwieweit gäbe es eine Möglichkeit, dem Kind in der weiterzuentwickelnden Form gegebenenfalls einen ande-ren Namen zu geben, um eine andere Öffentlichkeit herzustellen und nicht bei allen dieses reflexartige: Oh Gott, ich bin doch gar kein Senior oder keine Seniorin – auszulösen? Haben Sie da irgendwelche Ideen, wenn ja, würde ich die sehr gerne hören und bedanke mich erst mal.
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Frau Fuchs! – Bevor ich die nächste Fragestel-lerin aufrufe, würde ich gern die Redeliste schließen. Ich habe noch Frau Atli, Frau Wahlen, Frau Brunner, Herrn Wohlert und Herrn Meyer auf der Redeliste. Dann schließen wir die Re-deliste, damit wir noch ausreichend Gelegenheit haben, die Rückrunde zu hören. – [Zuruf von Maik Penn (CDU)] – Herrn Penn nehmen wir noch mit drauf, und dann schließen wir die Re-deliste. – Es hat das Wort Frau Atli für die Fraktion der SPD.
Sebahat Atli (SPD): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Vielen Dank, Herr Bender, Frau Lämmer, Herr Stawenow und Frau Dr. Hambach, dass Sie sich heute Zeit genommen haben und zu uns in die Ausschusssitzung gekommen sind!
Ich habe zwei Frage, und zwar würde ich die gerne an die Senatsverwaltung richten. Ich be-grüße es natürlich sehr, dass jetzt ein gemeinsames Gremium angebahnt ist, zusammenarbei-ten wird und wir in Berlin einen Landesseniorenrat haben werden. Die Frage ist: Wenn der Landesseniorenbeirat, die Seniorenvertretungen und die Gremien, die sich in diesem Bereich engagieren, Gelder benötigen, braucht es immer ein bisschen Zeit, bis sie dieses Geld – meis-tens wenig Geld für kleinere Aufwendungen – bekommen können. Die Frage ist konkret: Welche Möglichkeiten sind geplant oder gibt es schon welche, dass das neue Gremium künf-tig, wenn das Seniorenmitwirkungsgesetz verabschiedet wird, auch mit Sachmitteln ausgestat-tet wird, damit es flexibler und vor allen Dingen schneller auf sich verändernde Zeiten reagie-ren und seine Aufgaben besser erledigen kann? Bisher ist der Prozess ja so, dass man drei Angebote einholen muss, auch wenn es nur die Visitenkartenerstellung ist. Da ist die Frage, ob die Zweck-Mittel-Relation gewahrt ist. Dahingehend würde ich gern wissen, ob Sie sich als Verwaltung schon Gedanken gemacht und Ideen haben.
Die zweite Frage ist: Das große Problem ist, dass die Wahllokale in Bezirken, die mehr Flä-che haben, nicht ausreichen. Das heißt, wir brauchen eine höhere Anzahl von Wahllokalen in diesen Stadtbezirken. Ist da schon etwas vorangebracht? Wie ist der Stand der Bemühungen bezüglich der Erhöhung der Zahl der Wahllokale in den sogenannten Außenbezirken? – Vie-len Dank!
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Frau Atli! – Jetzt hat das Wort Frau Wahlen für Bündnis 90/Die Grünen.
Catrin Wahlen (GRÜNE): Vielen Dank! – Ich will mich auch dem allgemeinen Dank von Herzen anschließen, dass Sie diese Arbeit machen. Ich habe aus meiner Zeit als Bezirksver-ordnete eine blasse Ahnung, wie wahnsinnig viel Arbeit das ist und dass man lange Abende, Nächte, Vormittage und Wochenenden einsetzen muss, um sich in diesen Gremien zu enga-gieren und auch zu Ergebnissen zu kommen; und auch der Frust, den wir aus den Beiträgen gut heraushören konnten, nämlich durch die eingeschränkten politischen Gestaltungsmöglich-keiten, schimmert da durch.
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Ich möchte mit der Frage des Seniorenalters einsteigen. Manch einer bekommt einen Schock, wenn er 40 wird. Ein anderer bekommt einen Schock, wenn er 30 wird. Ein anderer bekommt einen Schock, wenn er 50 wird. Dieser Schock ist einfach immer da. Mein Schock war übri-gens, als ich 22 wurde, denn ich habe kein einziges neues Recht dazubekommen, so wie es sich zwischen 18 und 21 gestaltet. Dieser Schock kann also aus meiner Sicht kein Grund sein, sich nicht an den Seniorenwahlen zu beteiligen. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass Men-schen, die noch im Berufsleben stehen, lieber als Ü 50 als als Ü 60 durchgehen würden. – Ich bin auch sehr froh, wenn ich mal als Ü 45 bezeichnet werde. Das trifft ja auch zu. – Aber die-ses Ausschalten des Reflexes: Ich bin noch kein Senior – ist ein ehrenwerter Impuls, und ich kann mir vorstellen, dass wir einen zeitgemäßeren Ausdruck für diesen Bereich finden, aber tatsächlich denke ich, dass wir schon ein bisschen über das Alter, die Altersbeteiligung oder den Startzeitpunkt der Beteiligung an den Seniorenwahlen nachdenken können. Aber, wie gesagt, dieser Schock ist immer da, und der ist als solcher kein Argument für mich, das Wahl-alter hochzusetzen.
Ich glaube allerdings, dass es nicht nur um die Öffentlichkeitsarbeit geht, sondern wenn man tatsächliche politische Gestaltungsmöglichkeiten hat und Ergebnisse einfahren kann, dann ist jegliche Art von politischer Gestaltungsmöglichkeit, Öffentlichkeitsarbeit und das Anziehen neuer Mitwirkender sicherlich sehr viel leichter, und da ist meine Frage: Wie bewerten Sie die politische Gestaltungsmöglichkeit Ihrer beiden Gremien? Vielleicht kann Frau Dr. Hambach auch noch ein Wörtchen zu den Bezirken sagen.
Ich habe noch viele Fragen, aber die meisten wurden schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern gestellt. Deswegen verzichte ich auf alle anderen, außer dieser Frage, die ich ger-ne Frau Lämmer stellen würde: Sie haben die Strategie gegen Einsamkeit erwähnt, und das ist etwas, was mich sehr interessiert. Darüber möchte ich gerne noch mehr hören.
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Frau Wahlen! – Jetzt stehe ich auf der Redelis-te.
Sandra Brunner (LINKE): Meine Frage richtet sich ganz kurz und knapp an Frau Lämmer. Sie haben vorhin die Forderung nach einem Altenhilfestrukturgesetz erhoben. Nach meiner Wahrnehmung fristet die Leistungsgewährung im Bereich des § 71 SGB XII, also der Sozial-hilfe, ein Mauerblümchendasein. Meine Frage ist: Wie ist Ihre Einschätzung, warum ist das so? Befinden Sie sich bereits in Gesprächen mit der zuständigen Senatsverwaltung für Wis-senschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung mit Blick auf Inhalt und Zeitplan für das Altenhilfestrukturgesetz? – Danke!
Vorsitzende Sandra Brunner: Jetzt hat das Wort Herr Wohlert für die Fraktion der CDU.
Björn Wohlert (CDU): Auch von meiner Seite recht herzlichen Dank für das Engagement! Dem kann ich mich auch für die CDU-Fraktion anschließen. Ich hätte eine Frage. Wenn ich es auf der Folie richtig gesehen habe, war die Wahlbeteiligung zumindest in Steglitz-Zehlen-dorf bei rund 7 Prozent. Gibt es unter den Seniorenvertretungen und dem Beirat einen Aus-tausch, woran das liegen könnte? Ist das einfach ein statistischer Zufall, hat das etwas mit der Sozialstruktur zu tun, oder liegen vielleicht andere Gründe dahinter, und was kann man dar-aus gegebenenfalls für die weiteren Möglichkeiten, die Mitwirkung zu stärken, ableiten?
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Zu den Vorrednern und einigen Fragestellungen, die aufgeworfen wurden: Ich glaube, bei der Forderung, ein Rede- oder sogar ein Antragsrecht zu haben, muss man sich ein Stück weit von dem Vorschlag lösen, denn man muss sich fragen, was eigentlich hinter dem Vorschlag steckt. Ich glaube, so ein Vorschlag entwickelt sich aus dem Bewusstsein, nicht immer so beteiligt und informiert zu werden, wie es für das Engagement von Seniorenvertretern und auch des Beirats erforderlich wäre. Wenn wir in das Gesetz schauen, haben wir sehr klare Worte, nämlich dass die Seniorenvertretungen an Vorschlägen zu Maßnahmen des Bezirks nicht nur beteiligt werden, sondern sie auch selber erarbeiten sollen, die eine besondere Be-deutung für die Senioren im Bezirk haben, und dass sie Informationen über seniorenrelevante Gesetze und deren Umsetzung erhalten. Wenn wir das, was im Gesetzestext steht, wirklich ernst nehmen, müssen wir auch dafür sorgen, dass es nicht vom Goodwill einzelner Akteure abhängt, Informationen zur Verfügung zu stellen. Ich denke, die Anzuhörenden können eini-ges dazu sagen, wo es vielleicht auch mal hakt, wo man nicht mal mindestens die Informatio-nen bekommt, die man für seine Arbeit braucht; denn man kann natürlich nur fundiert Vor-schläge zu Maßnahmen unterbreiten, wenn man Zugang zu allen Informationen hat und sie nicht immer nur auf Nachfrage in einzelnen Verwaltungen erhält – es gibt natürlich auch wel-che, das werden Sie sicher auch berichten, wo es sehr vorbildlich funktioniert –, wenn man darauf angewiesen ist, diese Informationen zu bekommen.
Wir müssen sicherlich auch mit Blick auf kommende Haushaltsberatungen diskutieren, wie wir die Öffentlichkeitsarbeit auch außerhalb der Wahlen stärken können; und wenn wir den Gesetzestext dahingehend ernst nehmen, wie weitreichend die Seniorenvertretungen eigent-lich ihre Arbeit wahrnehmen sollen, dann sicherlich auch die Frage, inwieweit das ehrenamt-liche Engagement, gerade was Öffentlichkeitsarbeit betrifft, professionell unterstützt werden kann – das stelle ich mal so offen in den Raum –; wo man sicherlich auch noch schauen kann, was dafür gegeben sein muss. Wir können über das Rede- und Antragsrecht diskutieren und fragen, ob es dann auch andere betrifft, die dann auch ein Rede- und Antragsrecht haben, oder beschneidet das die parlamentarischen Möglichkeiten einzelner Abgeordneter, ja oder nein? – Ich glaube, wir sollten uns in einem Schritt vorher fragen: Was steckt dahinter, und wie kön-nen wir sicherstellen, dass die Seniorenvertretungen ihrer Arbeit mit allen Informationen und mit Zugang zu allen Beteiligungsmöglichkeiten auch wirklich vollumfänglich nachkommen können?
Vorsitzende Sandra Brunner: Danke, Herr Wohlert! – Es hat jetzt das Wort Herr Meyer für die Fraktion der SPD. – Herr Meyer, bitte!
Sven Meyer (SPD): Erst mal auch von meiner Seite herzlichen Dank für Ihre ehrenamtliche Arbeit! Ich versuche, mich ganz kurzufassen. Die erste Frage, gerade was die Wahlbeteili-gung anbelangt: Wie sieht es mit regelmäßiger Öffentlichkeitsarbeit aus? Ich glaube, das wäre ein wichtiges Mittel. Da wäre die Frage: Was bräuchten Sie? Wie ist da die Erfahrung? –, damit man im Grunde weit im Vorfeld genau hier die Samen legt, damit letztlich sowohl Inte-resse besteht, sich dafür bereit zu stellen, als auch wählen zu gehen. Ich glaube, es ist ein ganz wichtiges Mittel, weit vorher zu beginnen und nicht erst zur Wahl.
Zweitens: Wie sieht es eigentlich – das würde mich persönlich interessieren – in Pflegeein-richtungen aus, also bei Leuten, die vor allem nicht mobil sind? Haben Sie Erfahrungen oder ein Bauchgefühl, wie dort die Wahlmöglichkeiten und auch die Wahlbeteiligung sind, und was könnte man machen, um da stärker reinzugehen, wenn es überhaupt notwendig ist?
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Das Dritte, das aber schon mehrfach angesprochen wurde: Wie sieht es mit besonderer Infra-struktur aus, die Sie gegebenenfalls für Ihre Arbeit benötigen, vielleicht eine andere oder eine zusätzliche Infrastruktur als zum Beispiel beim Sport- oder beim Jugendbeirat? Gibt es dort vielleicht einen Bedarf, den Sie hier gern äußern wollen? – So weit erst mal. Danke!
Sandra Brunner (LINKE): Vielen Dank, Herr Meyer! – Zum Schluss Herr Penn für die Fraktion der CDU. – Bitte schön!
Maik Penn (CDU): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Es sind inzwischen drei kurze Fragen geworden. Die erste Frage richtet sich sowohl an die Anzuhörenden als auch an die Senats-verwaltung, und zwar würde mich interessieren – ich glaube, darüber haben wir in der letzten Legislaturperiode schon mal diskutiert – ob man die Seniorenmitwirkungswahlen nicht ir-gendwie mit anderen Wahlen kombinieren kann, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Zum einen würde mich interessieren, wie die Seniorenmitwirkungsgremien dies sehen, und zum anderen, wie der Senat dies wertet, ob er es als sinnvoll und realisierbar erachtet.
Dann zwei Fragen, an den Senat gerichtet, die sich aus dem Koalitionsvertrag ergeben. Zum einen zum Seniorenmitwirkungsgesetz, das laut Koalitionsvertrag evaluiert, überprüft und weiterentwickelt werden soll: Wie ist da der Sachstand? Zum anderen sieht ja der Koalitions-vertrag vor, ein Altenhilfestrukturgesetz zu erarbeiten, und mich würde interessieren, wie dort die Zusammenarbeit zwischen der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung konkret aus-sieht und welchen Zeitplan es für diese Legislaturperiode für dieses Altenhilfestrukturgesetz gemäß Koalitionsvertrag gibt. – Vielen Dank!
Vorsitzende Sandra Brunner: Vielen Dank, Herr Penn! – Ich gehe jetzt zurück in die Runde der Anzuhörenden, weise gleichwohl darauf hin, dass es auch für die Rückrunde leider nur fünf Minuten sind. Das ist natürlich für die Kolleginnen und Kollegen, die ganz viele Fragen abbekommen haben, eine spannende Herausforderung, aber die Debatte ist heute sicher nicht beendet, sondern wir bleiben weiter im Gespräch. Wer möchte beginnen? – Herr Bender, bitte schön!
Erwin Bender (Vorsitzender der Landesseniorenvertretung Berlin): Dann fange ich einfach mal an. Ich habe versucht, mir

aktualisiert von Jens Friedrich, 20.09.2022, 22:07 Uhr


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