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02.07.2021, 13:33 Uhr |
Pflegebetrug
DRS 18 / 27 659


Schriftliche Anfrage
des Abgeordneten Franz Kerker (AfD)
vom 20. Mai 2021 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Mai 2021)
zum Thema:
Pflegebetrug
und Antwort vom 03. Juni 2021 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juni 2021)

1. Wie hoch ist die Gesamtzahl der Verdachtsfälle auf Betrug in der häuslichen Pflegeversorgung und wie hat
sich diese Zahl entwickelt? Bitte Angaben für den Zeitraum 2015 bis zum Berichtstag jährlich und (wo möglich)
nach Bezirk tabellarisch auflisten.

Noch zur Frage 1:
1.1. Wie viele Fälle davon sind (oder waren) strafrechtlich relevant?
1.2. In wie vielen Fällen kam es zu Ermittlungsverfahren bzw. wurde Strafanzeige erstattet?
1.3. Wie viele Verfahren davon sind abgeschlossen bzw. wie viele noch anhängig?
1.4. In wie vielen Fällen geht es dabei um Verfahren, die der Nebenverfahrensklasse PFLEGE zuzuordnen
sind?
1.5. Wie viele Fälle davon sind nach Kenntnis des Senats dem Bereich der organisierten Kriminalität bzw. des besonders schweren Falls des Betruges (gem. § 263 Abs. 3 StGB) zuzuordnen? Sofern diese nicht gesondert
ausgewiesen werden, wie werden derartige Fälle ermittelt?
Bitte Angaben zu den obigen Fragen für den Zeitraum 2015 bis zum Berichtstag jährlich und (wo möglich) nach Bezirk tabellarisch auflisten.

Zu 1. sowie 1.1. bis 1.5.:
In der Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation (MESTA) wird die
Nebenverfahrensklasse „Pflege“ vorgehalten, die Betrugsverfahren durch Pflegedienste abbildet. Die nachfolgende Tabelle bildet die Anzahl der Js- und UJs-Verfahren mit der Nebenverfahrensklasse "Pflege" ab, die im Zeitraum 1. Januar 2016 bis 26. Mai 2021 bei der Staatsanwaltschaft eingegangen sind. Das Registerzeichen Js wird bei der Staatsanwaltschaft für Ermittlungsverfahren mit bekannten Beschuldigten und das Registerzeichen UJs wird bei der Staatsanwaltschaft für Ermittlungsverfahren gegen
Unbekannt verwendet. Die in der Tabelle genannten Ermittlungsverfahren sind sämtlich der Nebenverfahrensklasse PFLEGE zuzuordnen und sie sind sämtlich strafrechtlich relevant.2 Systemeingangsjahr
des Verfahrens Anzahl Js Anzahl UJs Insgesamt
2016    212     3      215
2017     99       5     104
2018    55        2      57
2019    77        0      77
2020     45       1       46
2021      14       2      16
Summe 502     13      515

Für das Jahr 2015 können keine validen Daten mehr mitgeteilt werden, da hier aufgrund der gesetzlichen Löschfristen bereits Daten gelöscht worden sein können. Eine Unterscheidung nach Bezirken ist nicht möglich. Zum einen werden die Bezirke nicht statistisch erfasst. Zum anderen betreffen Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen eines Pflegedienstes
regelmäßig mehrere Bezirke und gesetzliche Pflegekassen. Pflegedienste sind regelmäßig nicht nur in einem Bezirk tätig und systematischer Betrug beschränkt sich nicht auf bestimmte Verletzte. Die Zahl der insgesamt noch anhängigen Ermittlungsverfahren war in der Kürze der Zeit nicht zu ermitteln.
Bezüge zur organisierten Kriminalität im Sinne der Organisierten Kriminalitäts-Richtlinie (OK-Richtlinie) waren in den hier geführten Ermittlungsverfahren bislang nicht feststellbar.
Die Verfahren werden regelmäßig wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges gemäß § 263 Abs. 3 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB), mitunter auch wegen anderer Qualifikationsmerkmale des § 263 Abs. 3 StGB (bandenmäßige Begehung) geführt. Statistische Daten sind jedoch insoweit nicht vorhanden, auch weil § 263 Abs. 3 StGB in MESTA nicht erfasst wird. Die Ermittlungen erfolgen jeweils verfahrensbezogen im Einzelfall.
2. Ein Baustein der weiterentwickelten Zielvereinbarung, die die Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern unter anderem bei der Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs regelt und zum 01.01.2018 von allen Bezirksämtern und der Senatsverwaltung für Finanzen unterzeichnet wurde, war eine zusätzliche Personaleinsatzoption bei erhöhten Fallzahlen in den Bezirksämtern.Wie stellst sich die Inanspruchnahme der zur Verfügung stehenden Personaleinsatzoption dar? Bitte Angaben für den Zeitraum 2018 bis zum Berichtstag tabellarisch und separat nach Bezirk auflisten.

Zu 2.:
Das Bezirksamt Mitte hat die Option genutzt. Für den Zeitraum der Laufzeit der Vereinbarung bis 31.12.2019 wurden dort zwei Beschäftigungspositionen je zur Hälfte vom Bezirk und vom Land finanziert.

3. Wie hat sich die Zahl der unangemeldeten Hausbesuche bei Anlassprüfungen im Rahmen des Zweiten
Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) in Berlin im Zeitraum 2015 bis zum Berichtstag entwickelt bzw. wie hat sich
die Zahl der vom MDK zur Prüfung der Qualität der Leistungen des Pflegedienstes durchgeführten Besuchen
im Zeitraum 2015 bis zum Berichtstag in Berlin entwickelt? Bitte Angaben jährlich und ggf. nach Art der
Anlassprüfung auflisten.


----> WEITER


IZu 3.:
Die vom Medizinischen Dienst Berlin-Brandenburg durchgeführten Kontrollen bei ambulanten Pflegediensten sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Für das Jahre 2020 ist zu beachten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Regelprüfungen der Medizinischen Dienste ab dem 17.03.2020 ausgesetzt wurden. Auch derzeit führen die Medizinischen Dienste entsprechend der Regelungen des GKV-Spitzenverbands sowie des Medizinischer
Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) Regelprüfungen nur in stationären Pflegeeinrichtungen durch. Anlassbezogene Prüfungen werden in allen Pflegesettings durchgeführt.
MD Berlin- Brandenburg Regelprüfungen in ambulanten Pflegediensten in Berlin Anlassprüfungen in ambulanten Pflegediensten in Berlin
2015          534         5
2016          542          5
2017           542          9
2018           528         15
2019           481          12
2020          112           10

4. Wie viele verdachtsunabhängige bzw. verdachtsabhängige Kontrollen auf Sozialbetrug (Hilfe zur Pflege)
gab es nach Kenntnis des Senats durch die Sozialämter in der ambulanten Pflege seit 2015 bis zum
Berichtsdatum? Bitte Angaben nach Bezirk und Jahr tabellarisch aufschlüsseln.

Zu 4.:
Zu der Fragestellung wurden die Berliner Bezirksämter um Stellungnahme gebeten. Dabei hat sich gezeigt, dass die Fragestellung unterschiedlich ausgelegt wurde, da sowohl der Begriff Pflegebetrug als auch die Art der Kontrollen unterschiedlich interpretierbar sind. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Ermittlung zum Tatbestand des Betruges
den Strafverfolgungsbehörden und nicht den Sozialämtern unterliegt. Die Sozialämter werden insbesondere sozialleistungsrechtlich tätig. Es erfolgt in der Regel mindestens einmal jährlich eine sog. Bedarfsfeststellung mit Durchführung eines Hausbesuchs. Werden bei diesen Hausbesuchen oder auf Grundlage anderweiter Kenntnisse Anhaltspunkte bekannt,
dass die Pflegeleistung nicht ordnungsgemäß erbracht bzw. abgerechnet wurde, veranlassen die Bezirksämter entsprechende Maßnahmen. Eine Erfassung der Anzahl der Kontrollen im Sinne der Fragestellung wird daher nicht in allen Sozialämtern entsprechend erfasst.
Für die Bezirksämter Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf werden die bezirklichen Verdachtsfälle ausgewiesen. Diese lösen in der Regel einen Kontrollvorgang aus. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg weist hingegen die Anzahl der Kontrollen mit Hausbesuch aus.
Aus den genannten Gründen sind die Angaben nur bedingt untereinander bzw. mit analogen Anfragen vergleichbar.
4
2015  2016  2017 2018  2019  2020

Mitte 52 56 42 28 13 17
Friedrichshain-Kreuzberg 25 48 62 31 50 15
Pankow 21 39 33 10 7 1
Charlottenburg-Wilmersdorf 26 79 33 18 32 41
Spandau 27 128 37 26 19 17
Steglitz-Zehlendorf 97 25 48 105 68 25
Tempelhof-Schöneberg 61 196 223 153 164 81
Neukölln 116 99 75 69 18
Treptow-Köpenick 18 27 30 36 38 14
Marzahn-Hellersdorf 12 15 32 60
Lichtenberg 62 48 53 44 19 24
Reinickendorf 20 75 72 64 52 12
Gesamt 409 849 747 622 591 265

5. Wie hoch ist nach Kenntnis des Senats der Schaden, der jährlich in Berlin durch organisierten Betrug in der
ambulanten Pflege entsteht?

Zu 5.:
Dem S
enat sind keine entsprechenden Statistiken und belastbaren Daten dazu bekannt.

6. Welche Aktivitäten fanden (zu welchem Zeitpunkt) im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Pflegekassen,
der Staatsanwaltschaft sowie der beim LKA etablierten Ermittlungsgruppe „Pflege“ während des Zeitraums
2018 bis zum Berichtsdatum statt?

Zu 6.:

Der Senat hat das bestehende und funktionierende Netzwerk mit den Akteuren der Pflegekassen, der Staatsanwaltschaft, der Ermittlungsbehörden und den Bezirksämtern von Berlin weiter gestärkt und wird dies auch zukünftig nachhaltig weiterentwickeln, um gemeinsam und in enger Abstimmung wirkungsvoll gegen Leistungsmissbrauch in der Pflege vorzugehen.
Die unterschiedlichen bereits langjährig in Berlin etablierten Gremien zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch in der Pflege tagen weiterhin regelmäßig und mit bundesweiten Auswirkungen.
Insbesondere der „Runde Tisch zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs in
der Pflege“, die „AG 47a“ und die regelmäßige Gremienarbeit mit den Bezirksämtern sind dabei von wesentlicher Bedeutung.
Grundsätzlich ist vorgesehen, dass der „Runde Tisch zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs in der Pflege“ u.a. mit Vertreterinnen und Vertretern der Staatsanwaltschaft, des Landeskriminalamtes, anderer Bundesländer, dem GKV-Spitzenverband, der Pflegekassen,den Berliner Bezirksämtern sowie der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung regelhaft zweimal jährlich tagt. Die letzte Veranstaltung hat am 11.12.2020 stattgefunden.
5
Die „AG 47a“ mit Beteiligung der Stelleninhaberinnen und Stelleninhabern zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen der Pflegekassen gemäß § 47a SGB IX, der Senatsverwaltung
für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und den Berliner Bezirksämtern
tagt regelhaft einmal im Quartal. Die letzte Runde hat am 25.11.2020 stattgefunden und die kommende Runde ist für den 17.06.2021 terminiert.
Insgesamt sind die Tagungsintervalle wegen der in der Pandemiezeit verringerten Prüfmöglichkeiten aktuell etwas reduziert worden. Die Gremienarbeit mit den Bezirksämtern findet –trotz Pandemie – weiterhin regelmäßig statt. Darüber hinaus fanden mehrere Besprechungen
mit der Staatsanwaltschaft und den für Justiz und Pflege zuständigen Senatsverwaltungen
– auch auf Staatssekretärinnenebene – zu diesem Themenkomplex statt.

Berlin, den 03. Juni 2021
In Vertretung
Barbara König
Senatsverwaltung für Gesundheit,
Pflege und Gleichstellung


aktualisiert von Jens Friedrich, 02.07.2021, 13:59 Uhr


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